Einleitung
Der/die Perfusionist:in übt eine stark spezialisierte Tätigkeit aus, welche bislang zwar durch verschiedene Fachgesellschaften beschrieben wurde, für die es allerdings in vielen Ländern Europas noch keine Berufsanerkennung gibt. Perfusionist:innen arbeiten in einem Bereich zwischen ärztlich-medizinischen und technisch-ingenieurwissenschaftlichen Kompetenzen. Aufgrund dieses speziellen Anforderungsprofils bedarf es für die Qualifikation der Perfusionist:innen einer eigenen Studienordnung. Aus diesem Grund hat der Akademische Beirat der DGfK eine gemeinsame „Qualifikationsmatrix“ erarbeitet, welche die Qualifikation harmonisieren und so zur Qualitätssteigerung des Studiums zum/ zur Perfusionist:in beitragen soll. Der Akademische Beirat der DGfK setzt sich aus Hochschulvertretern, Vertretern des wissenschaftlichen Beirats der DGfK, Vertretern der DGTHG, den Delegierten des EBCP (national und international), Vertretern des Jungen Forums und Vorstandsmitgliedern der DGfK zusammen. Ziel des Positionspapiers ist es, die Inhalte des Faches Perfusiologie zukunftsorient zu beschreiben und für die Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen zu empfehlen.
Hintergrund
Die erste Herzoperation unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) wurde am 6. Mai 1953 von John Heysham Gibbon jr. erfolgreich durchgeführt [1,2]. Nach anfänglichen und vor allem technischen Schwierigkeiten ist der Einsatz der extrakorporalen Zirkulation heute eine komplexe, aber dennoch sichere und etablierte Therapie für jährlich mehr als 2 Millionen Patient:innen weltweit. Neben der klassischen extrakorporalen Zirkulation bei Herzoperationen benötigen neue und komplexe Behandlungsprozesse der modernen Medizin eine interdisziplinäre Kooperation mit dem Fachbereich Perfusiologie. Die neuen Technologien finden dabei vor allem im Rahmen der Herzmedizin, Onkologie, Organprotektion, Rettungsdienste und Lungentherapien ihre Anwendung [3].
Seit den Anfängen der extrakorporalen Zirkulation und insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten haben sich immer neue Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Verfahren des Extrakorporalen Life Supports (ECLS) und der Extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) oder die minimalinvasive Herzmedizin und minimalinvasive Zirkulationsverfahren, etabliert und an Bedeutung gewonnen. Medizinische Innovationen und die damit einhergehenden technischen Weiterentwicklungen sowie neue Erkenntnisse aus der Forschung verändern das Fachgebiet stetig und erfordern neue Fähigkeiten und Kompetenzen. Damit liegt es auf der Hand, dass auch die Anforderungen an die Kompetenzen der Perfusionist:innen gestiegen sind und einer aktualisierten und wissenschaftlich geprägten Ausbildung bedürfen.
Die schnellen und stetigen Veränderungen des Fachgebiets und die dadurch entstehenden neuen Herausforderungen der modernen Medizin an die Absolvent:innen erfordern eine moderne und bedarfsgerechte Ausbildung auf Hochschulniveau [4,5].
Entwicklung des Fachbereiches Perfusiologie in Deutschland
Als Rudolf Zenker am 19. Februar 1958 erstmals in Deutschland eine Herzoperation mit HLM durchführte, bediente der Assistenzarzt Hans Georg Borst, der spätere Leiter der Herzchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover, die EKZ [6]. In den folgenden Jahren etablierte sich schrittweise die neue Berufsgruppe der Kardiotechnik. Die Kardiotechniker:innen (Perfusionist:innen) der ersten Stunde besaßen noch keine strukturierte Qualifikation bzw. Ausbildung, bedienten aber mit viel Enthusiasmus und Aufbruchstimmung die extrakorporalen Kreisläufe. Anfänglich arbeiteten durchaus auch Ärzte an der HLM, überwiegend wurden jedoch die neuen kardiotechnischen Fachbereiche mit nicht-ärztlichem Personal besetzt. Sehr früh schlossen sich neben Krankenpfleger:innen auch technisch ausgebildete Fachkräfte, wie Medizintechniker:innen und Ingenieure mit medizintechnischer Spezialisierung, der neuen Berufsgruppe an. Mit dem technisch-medizinischen Fortschritt wurden die eingesetzten Medizinprodukte und technischen Systeme sowie auch die therapeutischen Verfahren zunehmend komplexer, so dass eine bundesweit einheitliche Ausbildung für den Bereich der Kardiotechnik (Perfusiologie) notwendig wurde.
Die weltweiten Entwicklungen waren ähnlich. In den USA begann man bereits Anfang der 1980er Jahre damit, eine strukturierte Ausbildung für die klinische Perfusion zu etablieren. Auch in Europa gab es keine einheitlichen Ausbildungsstandards und somit wurde 1991 das European Board of Cardiovascular Perfusion (EBCP) gegründet. Das EBCP legt seitdem europaweit Mindestanforderungen an die Ausbildung und Tätigkeit der Perfusionist:innen fest und schaffte es, ein einheitliches anerkanntes Zertifikat zu etablieren, welches in aktuell 19 Ländern der EU Anwendung findet [7–10].
Der/die Perfusionist:in wird dabei bei dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss als selbstregulierter Beruf geführt, die Zuständigkeit liegt bei dem EBCP [11]. Die Arbeit des EBCP wird dabei von der European Association for Cardiothoracic Surgery (EACTS) und von der European Association of Cardiothoracic Anaesthesiology (EACTA) unterstützt. In einem gemeinsam veröffentlichen Papier mit dem Titel „Statement on the Qualification of Cardiovascular Perfusionists“ der EACTS und der EACTA wird ausdrücklich die Notwendigkeit einer strukturierten Qualifikation von Perfusionist:innen gefordert [9]. Ferner ist seit geraumer Zeit beabsichtigt, den/die Perfusionist:in als „health care professional“ in die entsprechenden Richtlinien der Europäischen Union zu implementieren [12]. Das EBCP arbeitet hierbei mit drei Mechanismen. Erstens werden Hochschulen nach festgelegten Kriterien an eine strukturierte Ausbildung akkreditiert. Zweitens erfolgt nach erfolgreichem Abschluss des Studiums die Vergabe des European Certificate in Cardiovascular Perfusion (ECCP) an die Absolvent:innen. Drittens wird, mit dem Ziel des Erhalts der fachlichen Kompetenz als Perfusionist:in, eine dauerhafte Rezertifizierung durchgeführt. Diese personenbezogene Rezertifizierung findet in Anlehnung an die Continuing Medical Education (CME) der Ärzte statt. Somit müssen sich die Perfusionist:innen für den Erhalt ihrer Zertifizierung in einem dreijährigen Intervall rezertifizieren. In diesem Zeitraum sind 120 fachpraktische klinische Fälle sowie 120 Punkte postgradualer Fortbildung zur kontinuierlichen beruflichen Weiterentwicklung nachzuweisen.
Perfusionist:innen sind Mitglieder eines interdisziplinär und multiprofessionell sowie berufsgruppenübergreifend arbeitenden Teams, welches durch die Kombination der unterschiedlichen Expertisen von Herzchirurgie, Anästhesiologie, Kardiologie, Pulmologie, Gesundheits- und Krankenpflege die komplexe Behandlung von Patient:innen ermöglicht und verbessert. Die Expertise der Perfusionist:innen liegt hierbei speziell im Einsatz der extrakorporalen Zirkulation (EKZ).
Da in der Bundesrepublik Deutschland keine bundesgesetzliche Ausbildung zur Tätigkeit als Perfusionist:in existiert, hat die DGfK als zuständige Fachgesellschaft bereits im Jahre 2010 die Inhalte des Syllabus des European Certificate in Cardiovascular Perfusion (ECCP) als Basisqualifikationsnachweis für Perfusionist:innen als Mindeststandard für Deutschland anerkannt und empfohlen [13].
Perfusionist:innen üben ihre klinische Tätigkeit in verschiedenen medizinischen Fachabteilungen aus. Die dort tätigen Fachärzt:innen werden durch verschiedene medizinisch wissenschaftliche Fachgesellschaften vertreten. In einem gemeinsam verfassten Konsensuspapier „Qualifikation, Aufgaben und Verantwortlichkeiten für den Perfusionisten“ einigten sich die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK), die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin (DGIIN) und die DGfK darauf, dass für die Ausübung der Tätigkeit nur Personen in Frage kommen, welche die im Papier definierten Anforderungen einer strukturierten Ausbildung erfüllen. Perfusionist:innen werden als integraler Bestandteil des herzchirurgischen Teams erwähnt und es wird konsentiert, dass nur ausgebildete Perfusionist:innen eine HLM bei einer Herzoperation bedienen dürfen [4,5].
Definition Perfusionist:in
Perfusionist:in ist ein Gesundheitsberuf, der auf Basis einer speziellen Ausbildung über die Kompetenz verfügt, Mediziner:innen und andere Gesundheitsfachberufe verschiedener Fachabteilungen bei der Behandlung von Patient:innen mittels Anwendung der klinischen Perfusion zu unterstützen. Perfusionist:innen arbeiten hierbei im Fachbereich Perfusiologie/ Kardiotechnik und technische Medizin.
Definition Perfusiologie
Die Perfusiologie ist die Wissenschaft zur Anwendung der klinischen Perfusion. Die Perfusiologie beschäftigt sich mit der maschinellen Perfusion von Patient:innen zum Beispiel mithilfe der extrakorporalen Zirkulation an der HLM, der ECMO-/ und ECLS-Perfusion, der Organperfusion von Herz, Niere, Leber, Lunge, Abdomen und den Extremitäten. Die Perfusiologie ist Bestandteil verschiedener Studiengänge unter anderem in den Bereichen der Kardiotechnik, Perfusionstechnologien, technischen Medizin und Organprotektion.
Anforderungen an die Perfusionist:innen (Kompetenzkatalog)
Perfusionist:innen verfügen über eine Reihe von Kompetenzen, um ihre spezialisierte Rolle bei herzchirurgischen Operationen und anderen medizinischen Behandlungen effektiv wahrnehmen zu können. Im Folgenden sind alle Schlüsselkompetenzen von Perfusionist:innen aufgeführt:
Kernkompetenz
- Steuerung der Herz-Lungen-Maschine (HLM): Perfusionist:innen sind in der Lage, die HLM zu bedienen und situationsbezogen anzupassen, d. h. den extrakorporalen Kreislauf (EKZ) einzurichten und aufrechtzuerhalten, die Vitalparameter zu überwachen und die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer optimalen Sauerstoffversorgung, Temperatur und hämodynamischen Unterstützung während der EKZ patientenorientiert zu steuern.
- Kardiovaskuläre Patientenbeurteilung und -überwachung: Perfusionist:innen sind in der Lage, Patient:innen während des Verfahrens zu beurteilen und zu überwachen. Sie müssen sich bewusst sein, dass im Verlauf jeder Prozedur bzw. jedes Perfusionsverfahrens, zu jeder Zeit, Entscheidungen getroffen werden müssen, um Abweichungen von der Norm zu erkennen sowie zu beheben und um Fehler zu vermeiden. Die Fähigkeiten und Kenntnisse, im Vorfeld perfusionsbedingte Abweichungen zu erkennen und zu beurteilen, ist Grundlage für ein gutes Behandlungsergebnis.
- Kollaborative Teamarbeit: Perfusionist:innen arbeiten eng mit Chirurgen, Anästhesisten und anderen Mitgliedern des chirurgischen Teams zusammen und zeigen eine effektive Kommunikation, Koordination und Teamarbeit, um die Sicherheit der Patient:innen und optimale Ergebnisse zu gewährleisten.
- Perfusionist:innen haben Kenntnisse und spezifisches Wissen über die extrakorporale Physiologie in der Behandlung von Erwachsenen und bei Kindern.
- Perfusionist:innen müssen die Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen, perfusionsbedingte Abweichungen von Standards zu antizipieren und in Absprache mit dem Team geeignete Maßnahmen einzuleiten.
- Perfusionist:innen führen eigenständig die extrakorporale Zirkulation durch. Hierfür sind spezifische Kenntnisse und Wissen über die Physiologie und Mechanik innerhalb der extrakorporalen Systeme und der Interaktion mit dem Körper des Patienten (sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern) nötig.
- Perfusionist:innen müssen in der Lage sein, im Behandlungsteams effektiv und eindeutig zu kommunizieren, um Missverständnisse und Fehler zu verhindern (closed-loop communication).
- Perfusionist:innen besitzen Kenntnisse und kennen Instrumente und Wege, um Komplikationen und Fehler strukturiert aufzuarbeiten.
- Perfusionist:innen benötigen somit grundlegende pharmakologische Kenntnisse, insbesondere über vasoaktive Medikamente, welche zur Perfusionsführung unerlässlich sind. Zu der Kernkompetenz der extrakorporalen Zirkulation in der Herzmedizin gehört die selbständige Verabreichung von medizinischen Gasen, Anästhetika, Medikamenten, Blutprodukten und kristalloiden Lösungen auf Basis von klinikinternen SOPs. Die Anordnung hierfür trifft der Arzt und gibt sie in der Globaldelegation an die Perfusionist:innen weiter [4,5].
- Erweiterte Perfusionstechniken: Im Umfeld der Herzmedizin besitzen Perfusionist:innen die notwendigen Fähigkeiten und Sachkenntnisse, um die Vielzahl von Medizingeräten zur Unterstützung des Herz- und Lungen-Kreislauf-Systems zu bedienen und somit eine sichere Versorgung der Patient:innen zu erreichen. Hierzu gehören auch die verschiedenen Arten von Unterstützungen in der Notfallmedizin, wie der Extracorporeal Cardiopulmonary Resuscitation (ECPR) [14,15].
- Die Anwendung von Perfusionssystemen in der Kurz- und Langzeitunterstützung ist eine weitere Kernkompetenz der Perfusionist:innen.
- Die EKZ verursacht eine veränderte und damit komplexe Organperfusion, daher sind vertiefte Kenntnisse der Anatomie, Physiologie und insbesondere der Hämodynamik übergeordnet wichtig und sollten zu den Kernkompetenzen von Perfusionist:innen gehören.
- Kritisches Denken und Entscheidungskompetenz: Perfusionist:innen verfügen über eine ausgeprägte Fähigkeit zum kritischen Denken, um komplexe Situationen zu beurteilen, fundierte Entscheidungen zu treffen und angemessene Interventionen in Situationen mit hoher Brisanz durchzuführen.
- Perfusionist:innen nutzen ihre Kernkompetenzen zur Durchführung von Aus- und Weiterbildung für Mitglieder des Behandlungsteams.
Erweiterte Kompetenz
- Perfusionist:innen sind für den Betrieb und die Überwachung der Geräte der Abteilung für klinische Perfusion verantwortlich. Sie tragen die eigenständige Verantwortung, sich durch anerkannte kontinuierliche Weiterbildung ein hohes Maß an aktuellem Wissen in Medizin und Technik aufrechtzuerhalten.
- Blutmanagement: Sie verfügen über Kenntnisse der Blutkonservierungstechniken, der Blutkomponententherapie und der Verwendung von Blutprodukten zur Aufrechterhaltung der Hämostase und zur Verhinderung von Gerinnungsstörungen.
- Die Rhythmologie und spezielle Kenntnisse der elektrischen Reizleitungsbahnen bilden ein erweitertes Kompetenzfeld der Perfusionist:innen.
- Die klinische Perfusion ist ein kostenintensiver Bereich des Krankenhauses, weshalb ein kaufmännisches Grundverständnis für Perfusionist:innen notwendig ist. Perfusionist:innen besitzen administrative und Management-orientierte Kompetenzen.
- Im technikintensiven Bereich der Perfusiologie befinden sich viele wartungsintensive Medizinprodukte, z. B. der Anlage 1 (MPBetreibV) entsprechend, für deren Betrieb und Überwachung erhöhte Anforderungen gelten. Durch den technisch-medizinischen Schwerpunkt der Abteilung für klinische Perfusion und aufgrund des ingenieurwissenschaftlichen Backgrounds haben Perfusionist:innen sehr gute Voraussetzungen, um innerhalb der Kliniken auch als Medizinprodukteverantwortliche oder -beauftragte tätig zu werden. Vertiefte Kenntnisse des Medizinprodukterechts müssen somit zu ihren Grundkompetenzen gehören.
- Bildgebende Verfahren gehören zu den potenziellen Zukunftstechnologien für Perfusionist:innen und sollten künftig zu den erweiterten Kompetenzen gehören.
- Perfusionist:innen sollten in der Lage sein, ihr spezielles Fachwissen an andere Mitglieder des Behandlungsteams weiterzugeben. Perfusionist:innen können Aus- und Fortbildungsleistungen im Krankhausumfeld anbieten.
- Klinische Forschung sowie Umgang und Interpretation von erhobenen Daten sind ein wichtiger Bereich des Fachgebietes und sollten zu den Kompetenzen von Perfusionist:innen gehören.
- Grundlagenkompetenz in der präklinischen experimentellen Perfusion zu wissenschaftlichen Zwecken gehören ebenfalls zu den Kernkompetenzen von Perfusionist:innen.
Diese Kompetenzen erlangen angehende Perfusionist:innen über das Studium an entsprechend anerkannten Hochschulen. Zudem absolvieren sie parallel eine intensive praktische Ausbildung. Während dieser Zeit führen die Student:innen mindestens 100 in einem Logbuch standardisiert dokumentierte und durch den Mentor überwachte Perfusionen sowie fünf hospitierte pädiatrische Perfusionen durch. Dank dieser Fähigkeiten sind Perfusionist:innen in der Lage, bei Herzoperationen und anderen Eingriffen eine lebenswichtige Unterstützung zu leisten und die sichere bzw. ausreichende Versorgung der Kreislauf- und Atmungsfunktionen der Patient:innen zu gewährleisten.
Vertiefung Perfusiologie in Theorie und Praxis
Die Teilnehmenden der Studiengänge sollen zum Erwerb der geforderten Kompetenzen alle notwendigen medizintechnischen Grundlagen der extrakorporalen Zirkulation, Rhythmologie und Gerätetechnik erlernen. Ziel ist, das Verständnis für die Anwendung komplexer Medizingeräte im Zusammenspiel mit dem menschlichen Organismus und damit verbundene Komplikationen gegebenenfalls frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln. Die Theorie zur EKZ steht hierbei im Mittelpunkt. Um das erlernte Wissen zu festigen, sind Skills Labs und Simulationen ein geeignetes Mittel und sollten Teil des Studiums sein.
Muster für die Qualifikationsmatrix der Perfusiologie und technischen Medizin
Praxismodule
In Praxismodulen sollen klinische Erfahrungen gesammelt werden. Dies sind keine klassisch anrechenbaren Perfusions- und Studieninhalte, sondern sollten Pflichtpraktika für ein Studium im Bereich der technischen Medizin, Kardiotechnik, Medizintechnik, technische und molekulare Medizin oder Biomedizintechnik mit dem Schwerpunkt Perfusiologie und technische Medizin sein. Hierbei können und sollten berufliche Vorkenntnisse bzw. Vorpraktika angerechnet werden.
Wissenschaftliches Arbeiten
Perfusionist:innen sollen dazu in der Lage sein, Arbeitsmethoden wissenschaftlich zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Daher sollten Perfusionist:innen ebenfalls in der Lage sein, perfusionsrelevante Studien zu verstehen, zu initiieren oder zumindest wesentlich zur Durchführung beizutragen. Auch die erweiterte klinische Prüfung von Medizinprodukten, die nach neuester Rechtslage nötig ist, kann hier eine Berücksichtigung finden.
Den Studierenden sollen Verständnis und Kompetenzen zur Planung und Durchführung von klinischen und präklinischen experimentellen Studien vermittelt werden. Dazu gehören neben der Fähigkeit zur Literaturrecherche das Schreiben von wissenschaftlichen Abhandlungen und die Präsentation der Ergebnisse. Auch die möglicherweise notwendige Zusammenarbeit mit anderem medizinischen und studienassoziierten Personal im Rahmen eines Studienvorhabens soll bekannt sein. In dem Modul sollte neben dem Vermitteln von grundlegenden wissenschaftlichen Kompetenzen vor allem die Umsetzung des Erlernten im klinischen Alltag im Vordergrund stehen.
Wahl- bzw. Wahlpflichtfächer
Es wird empfohlen, im Laufe des Studiums Wahlpflichtfächer zu belegen, um die bereits erworbenen Schlüsselkompetenzen zu erweitern. Inhalte der Wahlpflichtfächer können auch durch entsprechende Abschlüsse und Zertifikate nachgewiesen werden. Dieses könnte unter anderem das Erwerben von Kompetenzen z. B. in Hybridtechnik, bildgebenden Verfahren oder Strahlenschutzlehrgängen nach VDE sein.
Vertiefte zertifikatbasierte Kenntnisse im Bereich Rhythmologie (Sachkunde Herzschrittmacher/Defibrillatoren) könnten ebenso wie der Umgang mit Kodier-Richtlinien im Krankenhausumfeld wichtige Alleinstellungsmerkmale von Perfusionist:innen sein.
Umfang der Spezialisierung Perfusiologie
Theorie
Studieninhalte im Bereich der Perfusiologie, der technischen Medizin, Kardiotechnik, Medizintechnik, der technischen und molekularen Medizin, des Physikingenieurwesen oder der Biomedizintechnik sind sowohl im Bachelorstudium als auch im Masterstudium bezogen auf ihren Gesamtumfang über ECTS-Punkte definiert.
Für die besondere Qualifikation des Perfusionisten ist es notwendig, den Studienschwerpunkt Perfusiologie und technische Medizin zu absolvieren und mit einem akkreditierten Abschluss in Form eines EBCP-Zertifikats abzuschließen.
In diesem modularen Teil des Studiums sollten mindestens 60 ECTS-Punkte an perfusiologischen Inhalten vermittelt werden. Die Inhalte können dabei als Teil des Studiums oder postgraduiert gelehrt werden. Außerdem sollten Vorbildungen und Kenntnisse eine spezielle Berücksichtigung finden.
Teilnehmer:innen mit medizinischem Hintergrund sollten zusätzliche technische Module und Techniker sowie Ingenieure vermehrt medizinische Module in Form von Pflichtpraktika oder Wahlfächern nachweisen.
Praxis
Die Studierenden müssen während des Studiums ein Logbuch führen. Dort werden die Inhalte der klinischen Ausbildung beschrieben und die klinischen Einsätze dokumentiert und bewertet. Dies sollte in einem mindestens sechsmonatigen Fachpraktikum in einer Abteilung für Perfusiologie/Kardiotechnik geleistet werden.
Fazit
Dieses Positionspapier beschreibt die erforderlichen Grundkompetenzen und Lehrinhalte für den Verantwortungsbereich der klinischen Perfusionist:innen. Die Absolvierung des Studiums mündet in der Berufsbezeichnung des/der zertifizierten Perfusionist:in. Voraussetzung ist, dass das Studium an einer akkreditierten Ausbildungsstätte stattgefunden hat. Der Abschluss umfasst des Weiteren die Durchführung von mindestens 100 eigenständigen Perfusionen mit Praxisnachweisheft (Logbuch) und praktischer Prüfung nach den Kriterien des EBCP.
Die im Umfeld von Perfusionist:innen tätigen Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK), Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin (DGIIN), empfehlen im Konsensuspapier zu Qualifikation, Aufgaben und Verantwortlichkeiten für Perfusionist:innen, dass die Bezeichnung Perfusionist nur von Personen geführt werden darf, die diese definierten Anforderungen erfüllen. Im Konsensuspapier ist weiterhin die berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit mit Medizinern der Fachgebiete Herzchirurgie und Anästhesiologie als integraler Bestandteil der herzchirurgischen Behandlung von Patient:innen mit Herz-, Thorax- und Gefäßerkrankungen geregelt und definiert. Hierin ist festgelegt, dass Perfusionist:innen die einzige Berufsgruppe sind, welche eine Herz-Lungen-Maschine während einer Herzoperation bedienen darf [4,5].
Im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung und Vergleichbarkeit der Ausbildungsangebote sollten die Lehrinhalte sowohl in fachpraktischer als auch in theoretischer Hinsicht inhaltlich mindestens den Vorgaben des hier vorgestellten Profils „Kompetenzen Perfusiologie und technische Medizin 2030″ entsprechen.
Die in diesem Positionspapier geforderten Fähigkeiten und Kompetenzen erfordern nach Meinung der Autoren einen einheitlichen akademischen Abschluss der Niveaustufe 6 nach DQR (Abschluss Bachelorniveau oder höher nach DQR). Dies steht im Einklang mit dem bereits veröffentlichten Konsensuspapier und der Empfehlung der dort beteiligten ärztlichen und perfusiologischen Fachgesellschaften [4,5].
Die technischen, klinischen und medizinischen Kompetenzen, die von Perfusionist:innen erwartet werden, sind breit gefächert. Eine anhaltende Unterstützung bei der Anerkennung des Berufs durch Mediziner, Krankenhausverwaltung, Krankenkassen und durch die Politik ist für eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung von Patient:innen in Deutschland unerlässlich.