Einleitung
Für die Durchführung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) sind umfassende Kenntnisse und ein Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zwischen Patient und Herz-Lungen-Maschine (HLM) sowie eine angemessene Praxiserfahrung unbedingte Voraussetzung. Mit der Herz-Lungen-Maschine wird die Kreislauf- und Lungenfunktion vollständig von einem technischen Gerät übernommen. Der Perfusionist wird zur eigenständigen Steuerung der Maschine herangezogen und hält damit während des herzchirurgischen Eingriffs den Patienten am Leben. Das Maß der Verantwortung wird dadurch unterstrichen, dass eine unsachgemäße Führung der Perfusion direkte Auswirkungen auf den Operationserfolg und das Leben des Patienten hat. Die Perfusion von Neugeborenen und Kindern erfordert besonders tiefgehende Kenntnisse bezüglich der Pathophysiologie der zu Grunde liegenden Erkrankungen, um während der EKZ entsprechend darauf eingehen zu können. Zahlenmäßig dominieren die Herzoperationen bei Patienten im Erwachsenenalter.
Organisation und Planung der EKZ
- Vorbesprechung der Operation mit dem Chirurgen und dem Anästhesisten
- Aufnahme der relevanten Patientendaten
- Entscheidung über Wahl des EKZ-Systems in Abhängigkeit vom Patientenstatus, u. a.:
- Oxygenatortyp
- Perfusionskanülen (in Absprache mit dem Chirurgen)
- Perfusionsart (pulsatil/nonpulsatil)
- Schlauchsystem (offen, geschlossen)
- Perfusionspumpe (Zentrifugal-/Rollerpumpe)
- Kardioplegieverfahren
- Online-BGA-Gerät
- HLM-Füllung (Zusammenstellung verschiedener Grundmedikamente)
- Blutaufbereitungsverfahren (Hämofilter, Cell-Saver)
- Berechnung von Perfusionsparametern (Körperoberfläche, Pumpenminutenvolumen, Hämodilution, Elektrolyt- und Proteinverschiebungen, Abkühlraten, max. Kreislaufstillstandszeiten etc.)
Vorbereitung der EKZ
- Steriler Aufbau des EKZ-Systems
- Vorfüllen und Entlüften des Systems
- Durchführung der System- und Funktionskontrollen der gesamten EKZ-Einheit nach einer standardisierten Checkliste
- Bereitstellung von sterilen Kanülen und Kathetern in Abhängigkeit von der durchgeführten Operation (Aortenkanülen, arterielle und venöse Femoralkanülen, Vena- cava-Katheter, Vorhofkanülen, Sinus-coronarius-Katheter, Linksherz-Vent, u. a.)
- Kardioplegiebereitstellung zur Myokardprotektion
- Herstellung klinikspezifischer Blutkardioplegielösungen aus
- unterschiedlichen Grundmedikamenten
- Bereitstellung kristalloider Kardioplegielösungen
- Einbau eines Kardioplegiesystems in das EKZ-System zur
- volumen-, druck- und temperaturkontrollierten
- Gabe der Kardioplegie mittels Pumpe oder
- Schwerkraft in antegrader und/oder retrograder Flussrichtung
- Auswahl und Bereitstellung von Blutaufbereitungssystemen (siehe auch Bereich 3)
Eigenständige Perfusionsführung
Übernahme und Aufrechterhaltung der kompletten Kreislauffunktionen durch die HLM:
- Herz-/Lungenfunktion
- Regelung des Blutflusses und des arteriellen Blutdrucks sowie der Oxygenierung und Kohlendioxidelimination
- Regelung des Wasser- und Elektrolythaushalts des Bluts durch kontrollierten Volumenersatz bzw. Medikamentengabe und/oder Hämofiltration Regelung des Säure-Basenhaushalts durch gezielte Gasflusseinstellungen am Oxygenator und Medikamentensubstitution
- Kontrolle des extrakorporalen Blutvolumens und bedarfsgerechte Änderung der Blutzusammensetzung (u. a. durch Fremdblut- oder Eigenbluttransfusionen)
Überwachnung der EKZ und adäquate Reaktion auf Veränderungen der Parameter:
- Druck (Patientenblutdrücke, Systemdrücke der EKZ)
- Blutfluss (arteriell und venös)
- Blutoxygenierung und CO2-Elimination
- Blutlevelkontrolle im venösen Kardiotomiereservoir
- Mikroblasendetektion
- Linksherz-Vent-Steuerung
- Saugungsregelung mit verschiedenen Systemen
- Blutchemie
- Temperaturregulation – Regelung der Bluttemperatur und Kardioplegietemperatur und damit der Körperkern- und Myokardtemperatur
- Medikamentengabe in das EKZ-System (ggf. Verabreichung von Inhalationsanästhetika über das EKZ-System)
- Hämofiltration (siehe auch Bereich 3)
- Cell-Saver (siehe auch Bereich 3)
Nachbereitung der EKZ:
- Erstellung der Volumenbilanz
- Aufbereitung des HLM-Restbluts und Bereitstellung zur Retransfusion
- Vervollständigung der intraoperativen Dokumentation
- Materialaufbereitung und -entsorgung
- Reinigung und Oberflächendesinfektion der HLM
Blutwerte: Kontrolle, Bewertung, Reaktion
Die Qualität und somit der Erfolg der Perfusion spiegelt sich nicht nur in Druck-, Fluss- und Temperaturwerten wieder, sondern ist auch an verschiedensten Blutparametern abzulesen. Somit gehören auch das routinemäßige Arbeiten mit Laboranalysegeräten und das adäquate Reagieren auf ermittelte Werte zu den täglichen Aufgaben des klinischen Perfusionisten . Nur fundierte Kenntnisse über Hämatologie, Mikrobiologie, Hygiene, Analyseverfahren und Gerätekunde (zur Wartung, Pflege und Qualitätssicherung der Analysegeräte) ermöglicht eine optimale Steuerung der EKZ. Zu den zu überwachenden Blutparametern gehören:
- pH-Wert
- Sauerstoffpartialdruck (pO2)
- Kohlendioxidpartialdruck (pCO2)
- Standardbikarbonat (SBC)
- Basenüberschuss (BE)
- Hämatokrit (Hkt)
- Hämoglobingehalt (Hb)
- Serumelektrolyte: Kalium (K+), Natrium (Na+), Calcium (Ca2+)
- Gerinnungsparameter: Activated clotting time (ACT), Anti-Thrombin-III-Konzentration (AT III)
- Glukosekonzentration
- Laktatkonzentration
- Osmolarität
- Kolloidosmotischer Druck (KOD)
- Proteinkonzentration
- Spezielle Laborparameter (z. B. Heparinkonzentration, Gerinnungsanalyse anhand von Thrombelastogrammen)
Die Beurteilung dieser Werte und die folgerichtige selbständige Beeinflussung der Laborwerte im Sinne einer Anpassung an die klinikspezifischen Sollwerte haben einen besonderen Stellenwert während der Führung der EKZ. Neben diesen Routinelaborwerten sind häufig auch spezielle Analysen im Rahmen von Beurteilungen neuer Produkte erforderlich. Zur Qualitätssicherung gehören die Durchführung und Überwachung von Kalibrierungsvorgängen an den Analysegeräten. Diese sind erforderlich, um die Zuverlässigkeit der Analyse zu dokumentieren und Basisinformationen über die Genauigkeit der Messergebnisse zu erhalten. Die Kenntnisse über die Genauigkeit der Messung sind Voraussetzung zur Beurteilung der Analysenwerte.
Blutaufbereitungsverfahren
Hämofiltration (HF)
- Auswahl eines geeigneten Hämofilters mit Hämofiltrationssystem zur aktiven (pumpenunterstützten) bzw. passiven Hämofiltration
- Steriler Aufbau des HF-Systems
- Sicherheitskontrollen (Leckagen, Drucktest)
- Integration des HF-Systems in die Herz-Lungen-Maschine
- Überwachung der HF bei laufender EKZ
- Bilanzierung des Ultrafiltrats
Maschinelle Autotransfusion (Cell-Saver)
- Bereitstellung der Autotransfusionsmaschine zur Blutansaugung, Blutreinigung und Blutkonzentration
- Auswahl der benötigten Materialien: Systemgröße, Zentrifugalglocke, doppellumige Heparinsauger, Medikamente
- Steriler Systemaufbau und Durchführung der Funktionskontrollen
- Inbetriebnahme des Zellseparators
- Bereitstellung des Erythrozytenkonzentrats zur Retransfusion
- Einbinden in die Volumenbilanz
Retransfusion
- Umrüsten des venösen Kardiotomiereservoirs der HLM oder des Cell-Saver-Reservoirs unter sterilen Bedingungen zum Thoraxdrainagesystem
- Retransfusion des Drainagebluts auf Intensivstation mittels geeigneter Pumpe oder über Cell-Saver-Aufbereitung
Durchführung von perioperativen Hämodialysen (HD) bei herzchirurgischen Patienten
- Vorbesprechung der HD mit dem zuständigen Arzt: Erörterung des Patientenzustands unter Berücksichtigung des Säure-Basen-Haushalts, des Volumenstatus und der Retentionswerte
- Festlegung des HD-Verfahrens: Azetat- oder Bikarbonatdialyse, Ultrafiltrationsdialyse, Hämodiafiltration
- Auswahl des entsprechenden HD-Geräts
- Auswahl des geeigneten Dialysators
- Steriler Aufbau des Dialysesystems und Vorfüllung mit kristalloider Lösung, ggf. Zusatz von Medikamenten
- Voreinstellung der Dialyseparameter (Dialysedauer, Ultrafiltrationsrate, Profilauswahl, Grenzwerteingabe, Druckbereichsgrenzen, Transmembrandruck, Leitfähigkeiten)
- Labortechnische Kontrolle der Dialysierflüssigkeit bei Bikarbonatdialyse
- Integration des Dialysesystems in die HLM bzw. Anschluss der Dialyseschläuche an den Patienten
- Führung und Kontrolle der Dialyse und folgerichtiges Handeln bei Alarmmeldungen
- Volumenbilanzierung
- Systementleerung durch Retransfusion des Systemblutvolumens
Kreislauf- und Lungenunterstützungsverfahren
Kreislaufunterstützungsverfahren finden im klinischen Alltag einen immer breiteren Einsatz. Dies verlangt von allen an der Therapie beteiligten Fachdisziplinen (also auch vom klinischen Perfusionisten) umfassende Kenntnisse über Physiologie und Pathophysiologie von Herz- und Lungenfunktion. Darüberhinaus muss der klinische Perfusionist, der die Systeme für den Einsatz vorbereitet und später bedient, auch über ein tiefgehendes Wissen der technischen Funktionsprinzipien der Unterstützungssysteme verfügen. Während der Therapie arbeitet er eng mit den behandelnden Ärzten zusammen und bietet hier Unterstützung bei allen (technischen) Fragestellungen. Klinische Perfusionisten/innen sind auch an der Implantation der Systeme in auswärtigen Krankenhäusern und dem Transport der Patienten mit laufenden Systemen in die Heimatklinik beteiligt.
Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP)
- Durchführung des Sicherheitstests
- Auswahl des IABP-Katheters in Abhängigkeit von der Patientengröße
- Anlegen von EKG-Elektroden am Patienten und Auswahl einer optimalen EKG- Ableitung oder Anschließen eines EKG-Signals vom Patientenmonitor
- Auswahl des geeigneten Triggermodus (EKG, Druck, Intern, Auto)
- Optimale Einregelung der diastolischen Augmentation und systolischen Entlastung unter Berücksichtigung der Vitalparameter
- Regelmäßige Kontrolle des laufenden Betriebs und folgerichtiges Handeln bei Gerätefehlern und Alarmmeldungen
- Wechseln der Heliumflasche und Sicherheitskammer bei Bedarf
- Reinigung des Geräts und Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft
Volumenfördernde Herz- und Lungenunterstützungsverfahren
- Sicherstellung der ständigen Funktionsbereitschaft der Geräte
- Kontinuierliches klinikinternes Training an den Geräten unter besonderer Berücksichtigung der Systembereitstellung in zeitkritischen Notfallsituationen
- Zusammenbau und Bereitstellung des Unterstützungssystems unter sterilen Bedingungen und Assistenz bei der Implantation der Systeme am Patienten
- Inbetriebnahme und Einregelung der optimalen Unterstützungsparameter
- Regelmäßige Kontrolle der Antriebseinheiten und Betriebsparameter
- Gegebenenfalls Austausch defekter oder leistungsschwacher Komponenten unter Notfallbedingungen
- Abteilungsinterne Organisation einer 24-stündigen Bereitschaft für die Überwachung laufender Systeme
- Nachbereitung der Geräte nach dem Einsatz und umgehende Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft
- Betreuung der Patienten mit implantiertem Herzunterstützungssystem, in einzelnen Fällen auch im häuslichen Umfeld
Minimalivasive Herzchirurgie
In den letzten Jahren fanden verstärkt verschiedene minimalinvasive Operationsverfahren Einzug in die Herzchirurgie. Die klinischen Perfusionisten/innen müssen sich mit diesem Aufgabengebiet auseinandersetzen und sich den neuen Herausforderungen stellen. Aus der Sicht des/der klinischen Perfusionisten/in kann man folgende Verfahren unterscheiden:
- Koronarchirurgie ohne EKZ
- Koronarchirurgie am schlagenden Herzen mit EKZ
- Koronarchirurgie mit Rechts-/Linksherzunterstützung
- Koronar- und Klappenchirurgie mit minimaler Konfiguration der HLM
- Minimalinvasive Herzchirurgie mit femoro-femoraler EKZ
- Perkutane Aortenklappenimplantation mit/ohne EKZ
- Transapikale Aortenklappenimplantation mit/ohne EKZ
Das Tätigkeitsspektrum des/der klinischen Perfusionisten/in im Rahmen der minimalinvasiven Herzchirurgie ist unterschiedlich. Minimalinvasive Herzchirurgie bedeutet nicht unbedingt den vollständigen Verzicht auf die Herz-Lungen-Maschine, wie er vorwiegend bei der minimalinvasiven Koronarchirurgie praktiziert wird, sondern auch die Anwendung modifizierter Herz-Lungen-Maschinensysteme (z.B. femoro-femorale Perfusion, minimale extrakorporale Zirkulation) und neuer Kreislaufunterstützungsverfahren für die temporäre Rechtsherz- und Linksherzunterstützung. Die Aufgaben des/der klinischen Perfusionisten/in umfassen:
- Vorbesprechung der Operation mit dem Chirurgen
- Organisation einer HLM-Bereitschaft mit entsprechender Vorbereitung einer Notfall- HLM gemäß klinikinterner Richtlinien
- Entwicklung und Anwendung geeigneter HLM-Systeme für die minimalinvasive Herzchirurgie
- Inbetriebnahme und kontinuierliche patientenadaptierte Regelung von Geräten zur Rechtsherz- und Linksherzunterstützung
- Bereitstellung und Anwendung zusätzlicher Geräte (CO2-Blower, Blutflussmessung, Cell-Saver etc.)
Koordination
- Bevorratung und Bereitstellung des notwendigen Equipments: Perfusionssets, Perfusionslösungen, Druckmonitor, chirurgische Instrumente, Transportbehältnisse
- Informationsabgleich mit dem Transplantkoordinator: Spenderdaten, Spenderklinik, Ansprechpartner in der Spenderklinik, Transportmittel, Zeitplan
- Dokumentation und Überprüfung der vorab übermittelten Spenderdaten mit der Spenderkrankenakte (Cave: Hirntoddiagnostik, Blutgruppe, bekannte Vorerkrankungen)
- Mitteilung relevanter Daten an Transplantkoordinator bzw. Transplantchirurgen (Herzkatheter, EKG- und Echobefund, Katecholamingabe)
Organentnahme
- Durchführung der intrakardialen Druckmessung zur Beurteilung der Spenderherzqualität, Protokollierung des aktuellen Spenderstatus
- Mitteilung von Besonderheiten an den Transplantkoordinator
- Blutentnahme vom Spender für spätere Gewebstypisierung
- Vorbereitung, Durchführung und Protokollierung der Organprotektion entsprechend vorgegebener Standards
- Gewährleistung eines sterilen, organschonenden und zügigen Organtransportes
Organimplantation
Parallel zur Organentnahme werden in der Empfängerklinik von einem/einer zweiten klinischen Perfusionisten/in alle erforderlichen Vorarbeiten geleistet, um die extrakorporale Zirkulation beim Empfänger während der Herz- und/oder Lungenimplantation durchführen zu können.
Im Rahmen der Rhythmustherapie werden von klinischen Perfusionisten/innen Aufgaben bei der Programmierung von Herzschrittmachern und automatischen implantierbaren Kardio-Defibrillatoren während der Implantation sowie bei der ambulanten Kontrolle wahrgenommen. Die Herzschrittmachertherapie hat in den letzten Jahren, bedingt durch die rasante Entwicklung in der Mikroelektronik, erhebliche Fortschritte gemacht. Es kommen daher heute besondere Systeme (z. B. multiprogrammierbare Schrittmacher) zum klinischen Einsatz. Die Durchführung von Herzschrittmacher- und Defibrillatoren-Funktionsanalysen erfordert deshalb gründliche und umfassende Kenntnisse medizinischer und technischer Art.
- Einstellung und Überwachung des Patientenmonitorings (EKG, Schrittmachererkennung, Alarmeinstellungen) während der Implantation
- Bereitstellung, Funktionsprüfung und Bedienung des Notfalldefibrillators
- Durchführung intraoperativer, elektrophysiologischer Messungen (Reizschwelle, Sondenwiderstand, intrakardiale P- und R-Potenziale)
- Überprüfung des Aggregats in Bezug auf die programmierten Parameter (intraoperativ und ambulant)
- Lagerhaltung und Bereitstellung von Schrittmachern, Defibrillatoren, Sonden und erforderlichem Zubehör
Ein weiteres Betätigungsfeld stellt die Therapie des Vorhofflimmerns (sog. Maze-Verfahren) dar. Bei dieser Therapieform übernimmt der klinische Perfusionist die Bedienung der verschiedenen Geräte im unsterilen Bereich (z. B. Hochfrequenzablation, Kryotechnik etc.), während der Herzchirurg mit dem sterilen Ablationsinstrument am Herzen arbeitet. Lagerhaltung der Einmalartikel, Funktionsprüfung der Geräte vor jedem Einsatz sowie Dokumentation gehören selbstverständlich dazu.
Zu diesem Bereich zählen unterschiedlichste Aufgaben, die von Kardiotechnikern in einzelnen Kliniken übernommen werden. Sie gehören jedoch nicht zu den Tätigkeiten, wie sie die Mehrzahl der Kardiotechniker tagtäglich ausübt, da auch nicht alle Operationsverfahren in allen Kliniken Anwendung finden.Es sind insbesondere Bereiche, in denen eine Brücke zwischen Technik und Medizin geschaffen werden soll. Der Kardiotechniker stellt mit seinen technischen Fähigkeiten und seinem medizinischen Wissen den Ärzten bei der Behandlung von Herz-, Lungen- und anderen Organerkrankungen neue Verfahren zur Verfügung. Es handelt sich weitgehend um besondere Verfahren der extrakorporalen Zirkulation bei interdisziplinären medizinischen Fragestellungen, die den Überblick über speziell für diesen Bereich wichtige Zusammenhänge verlangen. Es geht aber auch um die Bedienung von Geräten und Arbeiten während der Operation, die spezielles technisches Verständnis und/oder langwierige Einarbeitungszeit mit dauerhafter Klinikzugehörigkeit und Fingerspitzengefühl erfordern. Zu nennen sind hier:
- Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion bei Sarkomen und Melanomen der Extremitäten
- Hypertherme peritoneale oder thorakale Perfusion zur Karzinombehandlung
- Extrakorporale Zirkulation bei kardiologischen Diagnose- und Therapieverfahren (PTCA-Unterstützung, Kreislaufunterstützung bei Herzkatheterzwischenfällen, perkutane Klappenimplantationen etc.)
- Extrakorporale Zirkulation mit tiefer Hypothermie bei neurochirurgischen Eingriffen
- Extrakorporale Zirkulation zur Wiedererwärmung hypothermer Patienten
- Extrakorporale Zirkulation im Rahmen erweiterter Reanimationsmaßnahmen
- Extrakorporale Zirkulation bei Lebertransplantation
- Blutkomponententherapie
- Herstellung eines autologen Fibrinklebers für chirurgische Eingriffe
- Herstellung eines autologen Thrombozytengels zur Prophylaxe und
- Behandlung von Wundheilungstörungen
- Endoskopische Venen- und Arterienentnahme für die Koronarbypasschirurgie
- Bedienung spezieller Apparaturen (z. B. OP-Roboter, transmyokardiale Laserrevaskularisation etc.)
- Verfahren zur therapeutischen Hypothermie und Hyperthermie
- Gesonderte Lungenperfusion oder isolierte Hirnperfusion während der EKZ
- Messung von Vitalparametern (z. B. intraoperative diagnostische Blutdruckmessung, EKG-Aufzeichnungen, Blutflussmessung mit verschiedenen Methoden)
- Gerinnungsanalysen
Die Verpflichtung zur Qualitätssicherung in herzchirurgischen Kliniken leitet sich aus § 135 a des Sozialgesetzbuchs V ab. Danach sind Krankenhäuser verpflichtet, “einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln”. Die Möglichkeiten der elektronischen Informationserfassung und -verarbeitung liefern heute, auch im Klinikalltag, eine ungeheuere Flut an Datenmaterial. Zur Sicherung von Qualitätsstandards, der Fehlersuche und damit der Patientensicherheit, für statistische Auswertungen und letztendlich auch für routinemäßige Recherchen ist dies mittlerweile ein unverzichtbares Hilfsmittel. Dieses Datenmaterial muss aber auch in einheitlicher Form zusammengeführt, gepflegt und wieder abrufbar gesichert werden. In diese Prozesse ist die Kardiotechnik stark involviert, da in ihrem Arbeitsbereich viele der eingesetzten Geräte über sekundengenaue Datenspeicherung verfügen und viele der während der extrakorporalen Zirkulation gewonnenen Daten in die Qualitätssicherung einfließen. Mit dem für ihren Tätigkeitsbereich notwendigen technischen Verständnis erscheinen Kardiotechniker prädestiniert, die hier anfallenden Aufgaben zu übernehmen. Unabhängig davon, ob sie in ein klinikumfassendes Qualitätsmanagementsystem integriert sind, müssen von den Kardiotechnikern zumindest abteilungsinterne Qualitätsmaßstäbe und -indikatoren erarbeitet, regelmäßig kontrolliert und ggf. aktualisiert werden. Die hiermit verbundenen wesentlichen Tätigkeiten, die selbstverständlich für jeden in dieser Abhandlung aufgeführten Einsatzbereiche vollzogen werden, umfassen dabei:
- Kenntnisse über datenschutzrechtliche und juristische Aspekte der Dokumentation
- Festlegung der relevanten Parameter für die Datenerfassung
- Protokollierung des gesamten Einsatzverlaufs, mit handschriftlicher bzw. elektronischer Ereignis- und Datenerfassung aus allen verwendeten Geräten
Bei handschriftlicher Dokumentation:
- Entwurf von geeigneten Protokollen zur Datenerfassung
- Wahl einer geeigneten Archivierungsmethode der Protokolle
Bei EDV-gestützter Dokumentation:
- Gründliche Kenntnisse über die verwendete Software und Hardware
- Einbindung externer Geräte in die HLM-spezifische Software, Anpassung der Software auf zeitlicher und Datenformatebene
- Regelmäßige Kontrolle der Funktionsfähigkeit der kontinuierlichen elektronischen Datenaufzeichnung
- Entwicklung und Überarbeitung klinikeigener Datenausdrucke
- Regelmäßiges Anlegen von Sicherungskopien der erfassten Daten auf geeigneten Datenträgern
- Auswertung der Daten zur regelmäßigen Qualitätskontrolle innerhalb des Tätigkeitsbereichs Kardiotechnik
- Anlegen und selbständiges Führen von bereichsspezifischen Datenbanken
- Zusammenarbeit mit der Industrie bei der Software- und Hardwareoptimierung
- Flexible Auswertung der vorhandenen Daten nach Anfragen von anderen Abteilungen (Chefarzt, Doktoranden, Diplomanden, Verwaltung, wissenschaftliche Fragestellungen)
- Grundkenntnisse über statistische Verfahren in der Medizin
- Auswahl der geeigneten statistischen Verfahren und Durchführung mathematischer Berechnungen
- Beurteilung der Plausibilität der Ergebnisse
- Mitarbeit an der Datenerfassung gemäß den Anforderungen an die Qualitätssicherung in herzchirurgischen Kliniken nach § 137, SGB V
Wie in jedem Berufszweig, so muss auch in einer kardiotechnischen Abteilung darauf geachtet werden, dass eine Arbeitsverteilung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und in Übereinstimmung mit dem Arbeitszeitgesetz stattfindet. Um über die klinischen patientenbezogenen Aufgabenbereiche hinaus einen reibungslosen Alltag zu gewährleisten, sind noch folgende Pflichten des Kardiotechnikers hervorzuheben:
- Organisation eines 24-Stunden-Rufbereitschaftdienstes für die Abdeckung von Notfalleinsätzen
- Organisation Anwesenheitsdienst für permanente Überwachung spez. Verfahren
- Organisation der reibungslosen Lagerhaltung jeglicher verwendeten Einmalartikel aus allen Arbeitsbereichen
- Organisation des Bestellwesens
- Überwachung der Wartungstermine aller Geräte nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)
- Überwachung der Hygienevorschriften
- Erstellung eines abteilungsinternen Fortbildungsplans
- Ausarbeitung und Durchführung eines Konzepts zum regelmäßigen Training von Notfallsituationen
Die von Kardiotechnikern geleisteten wissenschaftlichen Arbeiten haben in der Vergangenheit entscheidend zum heutigen Stand der Technik in der Herzchirurgie beigetragen. Wichtige Voraussetzungen sind dabei fundierte naturwissenschaftliche, medizinische und technische Grundlagenkenntnisse.
Neue EKZ-Systembestandteile, moderne Herz-Lungen-Maschinen sowie verbesserte Perfusionstechniken konnten so durch die enge Zusammenarbeit zwischen Kardiotechnikern, Ärzten und Industrie entwickelt werden. Auch durch den technologischen Fortschritt in der Kardiotechnik ist es heute möglich, komplexe Operationen am Herzen mit langen Operationszeiten sicher durchzuführen. Zu den Aufgaben der Kardiotechniker im Bereich Forschung und Entwicklung gehören:
- Anpassung vorhandener, klinikspezifischer Perfusionssysteme an den jeweiligen aktuellen medizinischen Kenntnisstand
- Weiterentwicklung bestehender Perfusionssysteme für den klinischen Einsatz
- Integration neuer Systembestandteile in ein bestehendes HLM-System und deren Bewertung
- Entwicklung von Komponenten für die Herz-Lungen-Maschine und das Perfusionssystem in Zusammenarbeit mit der Industrie
- Erprobung neuer Verbrauchsmaterialien (Oxygenatoren, Kanülen, Filter, Kardioplegiesysteme etc.) sowie Mess- und Analysegeräte in systematischen Versuchsreihen
- Erstellung fachgerechter Urteile
- Wissenschaftliches Arbeiten
- Konzeption von Versuchsreihen für Laboraufbauten und/oder Tierversuche hinsichtlich einer bestimmten Fragestellung in Zusammenarbeit mit forschenden Ärzten
- Aufbau und Durchführung von Testreihen sowie Perfusionen im Tierlabor
- Auswertung der gewonnenen Messreihen zur fachgerechten Beurteilung
- Übertragung der experimentell gewonnenen Erkenntnisse auf klinische Belange
Wie in jedem Berufszweig, so muss auch in einer kardiotechnischen Abteilung darauf geachtet werden, dass eine Arbeitsverteilung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und in Übereinstimmung mit dem Arbeitszeitgesetz stattfindet. Um über die klinischen patientenbezogenen Aufgabenbereiche hinaus einen reibungslosen Alltag zu gewährleisten, sind noch folgende Pflichten des Kardiotechnikers hervorzuheben:
Dem Kardiotechniker obliegen als Anwender von Medizinprodukten die Auflagen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Der Anwender hat sich nach § 2 Abs. 5 von der Funktionsfähigkeit und dem ordnungsgemäßen Zustand des Medizinprodukts zu überzeugen. Dies gilt für alle technischen Geräte in der Herzchirurgie, die von den Kardiotechnikern eingesetzt werden.
§ 5 Abs. 2 definiert, welche Vorbedingungen für das Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten erfüllt sein müssen. Einweisungen und Schulungen sind hiernach für den Kardiotechniker als Anwender vorgeschrieben.
§ 7 Abs. 2 verpflichtet zur Führung eines Medizinproduktebuchs. Wenngleich in der Verordnung nicht explizit geregelt ist, dass der Anwender das Medizinproduktebuch zu führen hat, gehört es üblicherweise zu den Tätigkeiten des Kardiotechnikers, dieses anzulegen und zu pflegen.
Jeder zukünftige Kardiotechniker, der an einer der Fachhochschulen oder der Akademie für Kardiotechnik ausgebildet wird, braucht neben dem theoretischen Wissen auch praktische Erfahrung. Diese kann er nur in der klinischen Praxis sammeln. Die in den Krankenhäusern tätigen Kardiotechniker übernehmen hier die Aufgabe der praktischen Anleitung der zukünftigen Kollegen.
- Erstellung eines Ausbildungsplans in Absprache mit der Fachhochschule / Akademie
- Einweisung in die praktischen klinischen Tätigkeiten
- Betreuung und Überwachung während der klinischen Einsätze, unter besonderer Berücksichtigung der Patientensicherheit, bis zum Erreichen der Eigenständigkeit
- Interne Beurteilung des Ausbildungserfolgs
- Unterstützung bei der Erstellung von Diplomarbeiten
Berufsbegleitende Fortbildung und kontinuierliche Erweiterung der fachlichen Kompetenz gehören zum Selbstverständnis medizinisch-technischer Berufe. Ziele der Weiterqualifizierung sind Sicherstellung und kontinuierliche Verbesserung der Behandlungsqualität und somit die Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit für die Patienten. Sie soll den Erhalt der Qualifikation durch Anpassung an berufliche Neuerungen sichern. Regelmäßiger Fortbildung kommt daher eine große qualitätssichernde Bedeutung in der Medizin zu, der ein Kardiotechniker mit den folgenden Maßnahmen gerecht werden sollte:
- Selbststudium nationaler und internationaler Fachliteratur
- Durchführung von und Teilnahme an abteilungs- und klinikinternen Fortbildungsveranstaltungen
- Teilnahme an nationalen und internationalen Symposien und Kongressen
- Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen der Industrie
Zum Gelingen einer Herzoperation bedarf es des perfekt aufeinander abgestimmten Zusammenspiels mehrerer Fachbereiche. Dafür ist es unumgänglich, dass jeder Mitwirkende zumindest einen rudimentären Einblick in die anderen Fachdisziplinen besitzt. Das bedeutet, dass auch der Kardiotechniker sein Wissen in seinem Fachgebiet weitergeben muss:
- Vermittlung des Wissens über die extrakorporale Zirkulation an herzchirurgische Assistenzärzte, Anästhesisten, das OP-Pflegepersonal und Studenten
- Einweisungen und Fortbildung zu IABP und Kreislaufunterstützungsverfahren bei Einsätzen auf externen Stationen (Herzkatheterlabor, internistische und chirurgische Intensivstationen) und ggf. in anderen Krankenhäusern