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KARDIOTECHNIK Ausgabe: 4-2022
DOI: https://doi.org/10.47624/kt.031.PXCU4473

Journalclub KARDIOTECHNIK 4-2022

Verbesserte Qualität gelagerter Erythrozytenkonzentrate durch maschinelle Autotransfusion 

F. Münch, A. Purbojo, F. Wenzel et al. 

Die Anaesthesiologie 2022 open access; doi: https://doi.org/10.1007/s00101-022-01189-6 

Eine multiprofessionelle Forschungsgruppe am Universitätsklinikum Erlangen widmete sich in ihrer Untersuchung der Möglichkeit, Lagerungsschäden an Erythrozytenkonzentraten (EK) durch die Vorbehandlung mittels maschineller Autotransfusion (MAT) entgegenzuwirken. Dabei wurden die Einflüsse von zwei verschiedenen Waschlösungen (NaCl 0,9% und Hämofiltrationslösung mit K+ 4 mmol/L) am Cell Saver verglichen. Ein zweiter Fokus lag auf dem Vergleich unterschiedlich lang gelagerter Erythrozytenkonzentrate unter der Aufbereitung durch die MAT in Bezug auf relevante Laborparameter. 

Der Artikel fasst zunächst die praktischen und rechtlichen Bedingungen der MAT im Überblick zusammen. Die Autoren erkennen ein Dilemma im praktizierten Standard der Waschung mit NaCl 0,9% und den potenziell negativen Effekten der Verabreichung größerer Mengen dieser Lösung (Hyperchloridämie, Beeinträchtigungen der Nierenfunktion). Lesenswert ist auch die kurze Erläuterung zu den biochemischen Prozessen, denen gelagerte Erythrozyten ausgesetzt sind. Aus diesen beiden Aspekten leiten die Autoren nachvollziehbar die Legitimation ihres Forschungsansatzes und des Studiendesigns ab. 

Dazu wurden 30 EK in zwei Gruppen zu je 15 einer standardisierten Aufbereitung durch MAT unterzogen, wobei die zwei genannten Spüllösungen zur Anwendung kamen. Weiterhin erfolgte eine differenzierte Beachtung unterschiedlicher Lagerungszeiträume von sieben, 14 und 37 Tagen mit der Verteilung von jeweils fünf pro Gruppe. Zu vier Messzeitpunkten (prä-MAT, direkt post-MAT, 10 h und 24 h post-MAT) wurden EK-Proben entnommen. 

Die Ergebnisse zeigen, dass die MAT den ATP-Gehalt der EK unabhängig von der Lösung signifikant steigern konnte. Die Elektrolytkonzentrationen befanden sich prä-MAT ausnahmslos in unphysiologischen Bereichen, wobei bei zunehmender Lagerungsdauer die Natriumwerte ab- und die Kaliumkonzentrationen zunehmen. Auffällig ist die Annäherung der Elektrolytkonzentrationen durch MAT an physio- logische Referenzwerte, die in der Publikation graphisch sehr gut dargestellt ist. Die lagerungsabhängigen Glukose- und Laktatüberschüsse konnten durch die MAT ebenfalls statistisch signifikant gesenkt werden. Das Säure-Basen-Gleichgewicht gelagerter EK verschiebt sich mit fort- schreitender Zeit in Richtung eines azidotischen Milieus. Dieser Tendenz kann die MAT entgegenwirken, wobei sich hier eindrücklich der unterschiedliche Einfluss der Waschlösungen zeigt. Die Untersuchung wurde durch eine mikrobiologische Untersuchung der Blutproben auf Keimbelastung ergänzt. Die Autoren antizipieren, dass die in acht von 180 Blutkulturen nachgewiesenen Hautkeime bei der Beprobung eingebracht wurden und nicht mit der MAT in Verbindung stehen. 

Im Diskussionsteil werden die Ergebnisse unter Bezugnahme auf relevante Literatur im Hinblick auf die betrachteten Laborwerte, rechtliche und logistische Aspekte sowie die Effekte auf den Organismus reflektiert. Interessant ist der Verweis auf verwandte Studien, welche die Elimination von Weichmachern und Zitrat durch die MAT nachgewiesen haben. Das Fazit für die Praxis besteht in der beschriebenen Möglichkeit der Regulation der Elektrolytkonzentrationen von EK durch den Einsatz der MAT in Richtung physiologischer Bereiche, wobei die verwendete Hämofiltrationslösung zusätzlich Glukose für die anaerobe Glykolyse appliziert. 

Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an. Der Artikel ist kostenfrei verfügbar. 

Benjamin Haupt, Berlin 

Carboxyhemoglobin (CO-Hb) Correlates with Hemolysis and Hospital Mortality in Extracorporeal Membrane Oxygenation: A Retrospective Registry 

X. Bemtgen, J. Rillinger, M. Holst, F. Rottmann, C.N. Lang, M. Jäckel, V. Zotzmann, C. Benk, T. Wengenmayer, A. Supady, et al. Diagnostics 2022: 12, 1642; doi: https://doi.org/10.3390/diagnostics12071642 

Natürlich vorkommendes Kohlenstoffmonoxid (CO) ist das Produkt einer unvollständigen Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen. Wird dieses Gas eingeatmet, so kann dies folgenreich sein. Denn Kohlenstoffmonoxid hat eine hohe Affinität zu Hämoglobin und hierdurch werden gebundene Sauerstoffmoleküle vom Hämoglobin verdrängt. Höhere Konzentrationen von CO im menschlichen Blut führen zu einer Hypoxämie und Organschäden, wobei die Blutkonzentration nicht unbedingt mit der Toxizität korrelieren muss. 

Eine höhere CO-Hb-Konzentration im Blut lässt sich auch bei Rauchern finden. Das Rauchen ist aber nicht die einzige Ursache, die zu einer Erhöhung des CO-Hb- Spiegels führt. Viele Krankheiten, wie z. B. eine chronisch obstruktive pulmonale Erkrankung oder eine hämolytische Anämie, führen ebenfalls zu erhöhten CO- Hb-Konzentrationen im Blut. Die Ursache hierfür liegt zum einen in der Verstoffwechselung der Häm-Gruppe bei einer Hämolyse und zum anderen in der stressbedingten Freisetzung von endogenem CO. Beide Ursachen lassen sich ebenfalls bei kritisch kranken Patienten finden, die mittels eines ECMO-Systems behandelt werden. Da der Einfluss eines erhöhten CO-Hb-Spiegels bei der Verwendung eines ECMO-Systems noch unklar ist, entschieden sich die Autoren der Studie eine retrospektive Analyse zu diesem Thema durchzuführen. 

Alle Patient:innen, die im Zeitraum 2010 bis 2019 an der Klinik der Autoren mit einem ECMO-System versorgt wurden, wurden für die Studie in Betracht gezogen. Insgesamt wurden 740 Patient:innen identifiziert. Lediglich 11 Patient:innen mussten aus der Studie ausgeschlossen werden, da hier keine ausreichenden Daten vorlagen. 

Hauptzielparameter war der CO-Hb- Spiegel, der mittels Blutgasanalyse bestimmt wurde. Es wurde der Ausgangswert vor der Anwendung der ECMO sowie alle Werte, die während der ECMO-Anwendung erfasst wurden, zur Auswertung herangezogen. 

Neben der Erfassung der demografischen Daten der Patient:innen wurden zusätzlich Hämolyseparameter im Blut bestimmt. Um eine Aussage hinsichtlich des Einflusses des CO-Hb-Spiegels treffen zu können, wurden die Patient:innen in zwei Gruppen aufgeteilt. In der einen Gruppe lagen die gemessenen CO-Hb-Spiegel unter 2 %, die der anderen Gruppe waren größer bzw. gleich 2 %. 

Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass es eine Korrelation zwischen dem Auftreten einer Hämolyse und erhöhten CO-Hb-Werten gibt. 

Die Autoren dieser Studie kamen zu dem Ergebnis, dass die Höhe des CO-Hb- Spiegels ein Prädiktor für das Überleben der Patient:innen darstellt, die mit einem ECMO-System versorgt werden. Inwieweit erhöhte CO-Hb-Konzentrationen ausschließlich auf das Vorhandensein einer Hämolyse zurückzuführen sind, ließ sich nicht evaluieren. Um herauszufinden, ob der CO-Hb-Spiegel als therapeutischer Parameter geeignet ist, sind laut Aussage der Autoren weitere prospektive Studien notwendig. 

Marc Wollenschläger, 

Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim 

The Way we Make Each Other Feel: Relational Affect and Joint Task Performance 

T. Casciaro, M. S. Lobo, H. Wilhelm, M. Wittland 

Academy of Management Discoveries 2022 8(1):15-35; doi: 10.5465/amd.2018.0095 

Viele Tätigkeiten, die wir ausüben, finden nicht isoliert statt, sondern erfordern Zusammenarbeit. Chirurg:innen sind beispielsweise abhängig von der Anästhesie, dem instrumentierenden Personal, Reinigungskräften, der Haustechnik und Weiteren. Auch wenn das Gesamtergebnis des Eingriffs von vielen beeinflusst werden kann, ist das Ergebnis maßgeblich von den Operateur:innen und Assistent:innen abhängig. Eine Vielzahl von Erklärungsmodellen und Managementstrategien versuchen, organisatorische Abläufe und Strukturen zu optimieren. Dabei wird sich entweder auf die Einzelperson oder die Organisation als Ganzes fokussiert. Der Stellenwert von persönlichen Zu- und Abneigungen in gemeinsam erfüllten Aufgaben ist dabei zwar ein anerkannter, aber sehr schwer zu greifender Faktor mit weitgehend unklaren Einflüssen auf das zu erzielende Ergebnis. Inwiefern Emotionen und gemeinsame Erfahrungen einen Einfluss auf chirurgische Eingriffe haben, wurde in einer onkochirurgischen Abteilung eines deutschen Universitätsklinikums untersucht. 

Die Autoren befragten in einer Abteilung alle Ober- und Assistenzärzt:innen zu den Gefühlseigenschaften, die sie bei Eingriffen mit jedem ihrer Kolleg:innen verbinden. Unterteilt wurde bei der Abfrage in die Kategorien entspannt, aufgeregt, präsent, nervös, angespannt sowie lethargisch. Wobei letztere als einzige nie gewählte Kategorie später aus der Analyse entfernt wurde. Insgesamt wurden 1790 Eingriffe analysiert, davon 1315 retrospektiv als Baseline. Als Qualitätsindikator diente die Schnitt-Naht-Zeit, normiert nach vier verschiedenen Primäreingriffen sowie weiteren Faktoren wie beispielsweise Kombinationseingriffen oder Notfällen. 

Von den fünf verbleibenden Emotionsvariablen  zeigte  sich  in  den historischen Daten nur die „Anspannung“ von einem oder beiden Operateur:innen zueinander als signifikanter Einflussfaktor (p < 0,0001) auf das Ergebnis. Ein Kontrollvergleich nach Erfahrung des operativen Duos miteinander, also nach Anzahl der zusammen durchgeführten Eingriffe, zeigte keine Signifikanz (p = 0,22). Bei tieferer Analyse bezüglich der Erfahrung der Chirurgie-Duos miteinander näherte sich nur die Betrachtung der kürzesten Zeiten dem Signifikanzniveau (p = 0,06). Die ein- zig andere Variable, die annähernd Signifikanz erreichte, war die Emotionsangabe „entspannt”, wenn die Teams in der Vergangenheit zusammen Leistungsspitzen erlebt hatten (p = 0,07). 

In der Analyse der 475 Eingriffe nach der Befragung zeigte wieder nur die Beziehungsvariable „angespannt” eine signifikante Zunahme der Schnitt-Naht-Zeit (p = 0,03). Je niedriger also die Anspannung zwischen den Operateur:innen, desto besser war die Leistung. Als indikativer Faktor zeigte sich, dass nur zusammen durchgemachte Leistungsspitzen die Anspannung reduzierten. Positiver konnotierte Emotionen erbrachten keine Verbesserung der Schnitt-Naht-Zeiten. 

Aus der Befragung der Teilnehmer wurde als Erklärung geschlussfolgert, dass, anders als bei kreativen oder diplomatischen Arbeitsprozessen, chirurgische Eingriffe vor allem von einer Abnahme des Anspannungs- und Stressniveaus profitieren. Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich die ungestörte Kommunikationsatmosphäre. Die Konzentration hat dabei Einfluss auf eine fehlerfreie Ausführung der Operation. Dies deckt sich mit Erkenntnissen anderer Arbeitsgruppen, die eine deutliche Leistungsminderung in einer belasteten Arbeitsatmosphäre zeigen konnten [1]. 

Interessanterweise zeigen die Autoren entgegen vielen anderen Publikationen zum Thema Organisationspsychologie, dass in einem spezifisch chirurgischen Umfeld mit weitgehend standardisierten und festgelegten Abläufen nur die Abwesenheit eines negativen Beziehungskorrelats zu einer signifikant kürzeren Schnitt- Naht-Zeit führt. Auch in der Befragung unter den Ärzt:innen zu Ursachen für Anspannungen untereinander wurden nie Ereignisse oder Faktoren außerhalb des OP-Umfeldes angeführt. Periphere Faktoren, wie der Einfluss der Beziehung zur OP-Pflege oder Anästhesie, wurden in dieser Analyse allerdings ausgeklammert. 

Die Autoren haben in einer umfangreichen Erhebung die arbeitspsychologischen Besonderheiten im operativen Umfeld beleuchtet und neue Erkenntnisse gewonnen, die zukünftig durch größere Projekte und die Betrachtung weiterer Berufsgruppen interessant bleiben dürften. 

Andreas Teske, 

Universitätsklinikum Erlangen 

LITERATUR 

1. Katz D, Blasius K, Isaak R, Lipps J, Kushelev M, Goldberg A, et al. Exposure to incivility hinders clinical performance in a simulated operative crisis. BMJ Qual Saf. 2019;28(9):750-7. 


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