Die Verfasser der Journalclubs geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Hypothermic Oxygenated Perfusion
of the Donor Heart in Heart Transplantation: The Short-term Outcome from a Randomised, Controlled, Open-label, Multicentre Clinical Trial
F. Rega, J. van Cleemput et al.
The Lancet, Volume 404, Issue 10453, 670 – 682
Der Bedarf an Spenderorganen ist seit Jahren hoch und weitestgehend ungedeckt. Die Standardmethode der statischen & kalten Lagerung ist mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden, hervorgerufen durch Ischämie, Lagerungsschäden und anaeroben Metabolismus. Dies kann zu Morbidität und Mortalität der Patient:innen beitragen. Eine mögliche Alternative ist die aktive Perfusion des Spenderorgans mittels hypothermer, oxygenierter extrakorporaler Perfusion. Die vorliegende, vom Hersteller (XVIVO) gesponsorte, Multicenterstudie berichtet über den Vergleich der beiden Methoden in acht europäischen Ländern.
In 15 Transplantationszentren wurden erwachsene Kandidat:innen, ohne vorhergegangene Sternotomie für eine Herztransplantation, prospektiv 1:1 randomisiert und das Spenderorgan nach Entnahme entweder mittels kalter Konservierung (SDS) oder hypothermer, oxygenierter Maschinenperfusion (HOPE) transportiert. Das primäre Outcome war dabei die Zeit bis zu einem kombinierten Endpunkt primärer Spenderorgandysfunktion (PGD – primäry Graft Dysfunction) oder herzbezogenem Tod.
Im Studienzeitraum wurden aus 229 Patient:innen 204 in die primäre Analyse eingeschlossen (103 SDS : 101 HOPE). In der
Studiengruppe wurde bei n=19 (19 %) der Patient:innen der primäre Endpunkt registriert, in der Kontrollgruppe mit kalter Konservierung hingegen bei n= 31 (30 %). PGD wurde in 11 (11 %) der HOPE-Gruppe, sowie 29 (28 %) der SDS-Gruppe erfasst. Mittlere und schwere Komplikationen traten ebenfalls in der Kontrollgruppe häufiger auf.
Die Maschinenperfusion konnte mehrheitlich erfolgreich durchgeführt werden und kein Organ der HOPE-Gruppe wurde als nicht-transplantabel eingestuft. Mehrere Gerätekomplikationen wurden detektiert und die Organe mittels kalter Lagerung konserviert und transplantiert.
Wenngleich die Studie nicht den avisierten 60 %-igen Rückgang an Komplikationen zeigen konnte, wird die Studie von den Autor:innen als erfolgreich eingestuft, da bereits die beobachtete 44 %-Risikoreduktion und Analyse sekundärer Outcomes zeigte, dass die Rate primärer Graft-Dysfunktion in der HOPE-Gruppe niedriger ausfiel.
Die Anwendung der hypothermen und oxygenierten Maschinenperfusion für Spenderherzen scheint eine Reihe von Vorteilen in Bezug auf das Patient:innenoutcome mit sich zu bringen. Weitere Studien können ggf. zusätzliche Faktoren betrachten, um die postulierten Vorteile der Maschinenperfusion, insbesondere ggü. langer Ischämiezeiten in kalter Lagerung zu evaluieren. Ebenfalls noch nicht untersucht ist der Einfluss der HOPE-Methode auf Herzen, die von Spender:innen nach Herz-Kreislauf-Stillstand (DCD – Donation after Circulatory Death) gewonnen wurden.
Die HOPE-Methode stellt möglicherweise eine weitere Möglichkeit dar, den logistischen Herausforderungen der Organtransplantation zu begegnen, Folgekomplikationen und somit eine weitere Belastung von Patient:innen und Gesundheitswesen zu verringern.
Andreas Teske, Uttenreuth
Extracorporeal Liver Support Techniques: A Comparison
Riva, A. Marino, T. M. Valetti, G. Marchesi, F. Fabretti
Journal of Artificial Organs (2024) 27:261–268 https://doi.org/10.1007/s10047-023-01409-9
online publiziert: 19.06.2023
Extrakorporale Leber-Ersatzverfahren wurden mit dem Ziel entwickelt, die Leber in ihrer Entgiftungsfunktion zu unterstützen, indem das Blut von toxischen hepatischen Molekülen befreit wird. Hierfür sind verschiedene Verfahren verfügbar, von speziell für diesen Zweck entwickelten Verfahren (z.B. Molecular Adsorbent Recirculating System (MARS), Kombination aus Hämodialyse und Adsorption (Prometheus®), gekoppelte Plasmafiltrations-Adsorption (CFPA) oder Plasma Adsorptions Perfusion (PAP)) bis hin zur Hämoadsorption mittels Zytokin-Adsorbern, die auch Bilirubin adsorbieren.
Zum Vergleich verschiedener Verfahren haben die Autor:innen retrospektiv Patient:innen mit Leberversagen verglichen, um die Entgiftungsleistung dieser Verfahren zu bewerten und zu vergleichen. Um die Wirksamkeit der Techniken zu überprüfen, wurden die Massenbilanz und die Adsorption pro Stunde für Gesamtbilirubin, direktes Bilirubin und Gallensäuren anhand der gemessenen Konzentrationen berechnet. Die Massenbilanz stellt die Gesamtmenge (mg oder mcMol) eines aus einer Lösung entfernten Moleküls dar. Sie ist der einzige repräsentative Parameter zur Überprüfung der Reinigungseffizienz eines Systems, da sie nicht von der kontinuierlichen Produktion der Moleküle beeinflusst wird, die im Kreislauf aus den Geweben freigesetzt werden, wie es bei der Reduktionsrate der Fall ist. Die Gesamtadsorption pro Stunde wird durch das Verhältnis zwischen Massenbilanz und der Zeitdauer berechnet und zeigt die Adsorptionsfähigkeit in einer Stunde.
Die Autor:innen untersuchten retrospektiv 39 Patient:innen, von denen 17 mit einem Zytokin-Adsorber (CytoSorb®), 19 mit einer CFPA, und je ein Patient mit MARS, Prometheus und PAP behandelt wurden. Hierbei wurden während der Therapie alle 2 Stunden direkt aus dem extrakorporalen Kreislauf vor und hinter dem Adsorptionssystem Blutproben entnommen, um die absolute Reduktion von Lebertoxinen und deren Adsorptionskinetik zu bestimmen.
Aufgrund der geringen Patient:innenzahlen konzentrieren sich die Autor:innen auf die detaillierte Auswertung der Laborproben der Patient:innen, die mit einem CytoSorb oder mit einer CFPA behandelt wurden. Die Autor:innen konnten zeigen, dass der Hämoadsorber CytoSorb eine signifikant höhere Adsorptionsrate für Bilirubin aufweist. Dies gilt sowohl für das Gesamtbilirubin, als auch für das direkte Bilirubin, gemessen durch die Massenbilanz und die Adsorption pro Stunde. Weiterhin konnten die Autor:innen durch ihre ausführlichen Messungen zeigen, dass der CytoSorb über den gesamten Zeitraum Bilirubin adsorbiert, auch wenn die Adsorptionsrate mit längerer Laufzeit abnimmt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die extrakorporale Reinigung bei Leberversagen als nützlich für therapeutische Zwecke angesehen werden könnte. Der Hämoadsorber CytoSorb ist hierbei deutlich leistungsfähiger als andere Verfahren.
Die Autor:innen haben aufgrund der retrospektiven Untersuchung und der geringen Patient:innenzahlen in ihrer Studie bewusst den Fokus nicht auf die Evaluation des klinischen Outcomes der Patient:innen gelegt, sondern sich mit den vorhandenen Daten auf die Analyse der Effektivität der zwei Verfahren konzentriert.
Sven Maier, Freiburg
A Modified Low-priming Cardiopulmonary Bypass System in Patients Undergoing Cardiac Surgery with Medium Risk of Transfusion: A Randomized Controlled Trial
S. Gao, G. Liu, J. Wang, Q. Zhang, J. Wang, Y. Tenga, Q. Wanga,
S. Yan, L. Bian, Q. Hu, T. Wang, W. Yan, B. Ji
Heliyon, Volume 10, Issue 11, e31388 https://doi.org/10.1016/ j.heliyon.2024.e31388
Um den hohen Verbrauch von Fremdblut in der Herzchirurgie zu reduzieren, setzen einige Kliniken auf sogenannte Minimally Invasive Extracorporeal Circulation-Systeme. Sie zeichnen sich durch ein geringeres Primingvolumen und eine reduzierte Fremdoberfläche im Vergleich zu konventionellen Systemen aus, was das Potenzial bietet, den Fremdblutverbrauch zu senken.
In einer randomisierten Studie von Gao et al. wurde gezeigt, dass auch bei offenen Systemen durch eine Reduzierung des Primingvolumens Fremdblut eingespart werden kann. Die Studie verglich ein modifiziertes System mit einem Standard-System. Am modifizierten System wurden vier Hauptmodifikationen vorgenommen: die Verringerung der Schlauchlängen von 663 cm auf 337 cm, die Verkleinerung der venösen Linie von 1/2 auf 3/8 Zoll, die Integration eines arteriellen Filters in den Oxygenator sowie der Einsatz einer vakuumassistierten venösen Drainage und einer Mikroplegie anstelle einer konventionellen Blutkardioplegie. Dadurch konnte das statische Primingvolumen von 1250 ml auf 750 ml (intraoperativ 1600 vs. 1200 ml) reduziert werden.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Transfusionsrate, während sekundäre Endpunkte verschiedene inflammatorische Faktoren, perioperative Komplikationen (wie Myokardinfarkt, Lungeninfektion, akutes Nierenversagen und zerebrovaskuläre Ereignisse), die Dauer des Intensivaufenthalts, die Krankenhaussterblichkeit sowie die Gesamtkosten für Intensiv- und Krankenhausaufenthalt umfassten. Insgesamt wurden 351 Patient:innen in die Studie eingeschlossen, davon 175 in der Interventionsgruppe und 180 in der Kontrollgruppe. Bezüglich der demografischen Daten wiesen die Gruppen keine signifikanten Unterschiede auf. Primingvolumen, intraoperative Flüssigkeitsaufnahme und Ultrafiltrationsvolumen waren in der Kontrollgruppe signifikant höher. Der niedrigste Hämoglobinwert war in der Interventionsgruppe signifikant höher (80 vs. 72 g/L; p<0,001).
Die Transfusionsrate in der Interventionsgruppe lag bei 52,6 % im Vergleich zu 63,1 % in der Kontrollgruppe und war statistisch signifikant niedriger (p = 0,046). Bei den sekundären Endpunkten waren die IL-2- und TNF-α-Spiegel in der Interventionsgruppe niedriger. Die übrigen sekundären Endpunkte unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen. Außerdem war im postoperativen Verlauf auch das totale Thoraxdrainagevolumen in der Interventionsgruppe signifikant niedriger. Die Studie konnte zeigen, dass durch die Optimierung eines konventionellen Herz-Lungen-Maschinen-Sets und der daraus resultierenden Reduzierung des Primingvolumens Fremdblut gespart werden kann. Da sowohl die inflammatorischen Faktoren niedriger als auch der Abfall der Thrombozyten in der Interventionsgruppe geringer waren, könnte eine Optimierung zusätzliche Vorteile bieten.
Obwohl eine Schlauchlänge von 660 cm sicherlich nicht mehr als state-of-the-art gilt, zeigt die Studie dennoch eindrucksvoll, dass eine Set-Optimierung eine bedeutende Maßnahme zur Reduzierung des Fremdblutverbrauchs darstellt und möglicherweise auch das Patient:innenoutcome positiv beeinflussen kann.
Simon Mayer, Stuttgart
Synthesis of Bioengineered Heparin Chemically and Biologically Similar to Porcine-derived Products and Convertible to Low MW Heparin
M. Douaisi, E. Paskaleva, L. Fu et al.
Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) 2024 Vol. 121 No. 1417, https://doi: 10.1073/pnas.2315586121
Heparin ist ein unverzichtbares Medikament zur Behandlung und Prävention von thromboembolischen Erkrankungen wie auch in der Herzchirurgie, insbesondere bei Operationen, die die Verwendung einer Herz-Lungen-Maschine erfordern. Es sorgt für eine zuverlässige und steuerbare Antikoagulation, die das Risiko von Blutgerinnseln minimiert, während seine Wirkung bei Bedarf schnell aufgehoben werden kann.
Der Großteil des derzeit verwendeten Heparins wird aus tierischen Quellen gewonnen, insbesondere aus Schweinedarmmukosa. Dies führt jedoch zu potenziellen Risiken, wie tierische Kontaminationen, begrenztes Angebot mit Einschränkungen in der Versorgungssicherheit, chargenabhängige Variabilität der Wirkung und Glaubenskonflikte. Es besteht daher ein Bedarf an einer zuverlässigen, tierfreien Quelle von Heparin.
Die Autor:innen dieser Studie untersuchen die Synthese von biotechnologisch hergestelltem Heparin, das chemisch und biologisch mit herkömmlichen tierischen Produkten vergleichbar ist. Sie beschreiben einen mehrstufigen Prozess, bei dem genetisch veränderte Mikroben Zuckerbausteine produzieren, die dann durch enzymatische Modifikation und chemische Veredelung in die Struktur von Heparin umgewandelt werden. Ein weiterer wichtiger Teil der Studie ist die Konvertierung des biotechnologisch hergestellten Heparins zu niedermolekularem Heparin durch enzymatische oder chemische Zerlegung der größeren Molekülstrukturen des unfraktionierten Heparins. Das synthetisierte Heparin wurde erfolgreich auf seine biologische Aktivität getestet, insbesondere auf seine Fähigkeit, Antithrombin III zu aktivieren und den Faktor Xa zu hemmen. Die Konvertierung des biotechnologisch hergestellten Heparins zu niedermolekularem Heparin war erfolgreich, und die resultierenden Produkte zeigten eine vergleichbare Antikoagulansaktivität wie handelsübliches niedermolekulares Heparin.
Diese Studie stellt einen wichtigen Fortschritt in der Herstellung von Heparin dar, insbesondere im Hinblick auf die Unabhängigkeit von tierischen Quellen und die Reduktion von Risiken im Zusammenhang mit Tierprodukten. Die Möglichkeit, Heparin biotechnologisch herzustellen, das chemisch und biologisch den derzeitig verfügbaren Produkten entspricht, könnte die Versorgungssicherheit erheblich verbessern. Ob biotechnologisch hergestelltes Heparin breitere Anwendung in der klinischen Praxis erlangen kann, hängt trotz vielversprechender Ergebnisse dieser Studie vor allem von langfristigen Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit des Heparins im klinischen Einsatz ab, um potenzielle Nebenwirkungen und Langzeitwirkungen zu evaluieren. Weitere Hürden sind die Herstellungskosten und regulatorische Anforderungen zur Produktion des biotechnologisch hergestellten Heparins.
Marius Schimmel, Freiburg