Liebe Leser:innen,
liebe Perfusionist:innen,
Synergie kommt aus dem griechischen von Synergismus, was nichts anderes heißt als Zusammenarbeit. Aristoteles fasste den Begriff sinngemäß wie folgt zusammen: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ [1].
Wir hören diesen Begriff oft in Verbindung mit wirtschaftlichen Einsparungen, was aber auch immer mit Veränderungen einhergeht. Veränderungen zum einen, um eine Organisation zu stärken und so freie Mittel besser einsetzen zu können und zum anderen, um Platz für Innovationen zu schaffen. Man kann es aber auch „negativ“ deuten und es als eine Art der Arbeitsverdichtung und Auspressung der Mitarbeitenden interpretieren.
Während wir organisatorisch durch Synergien gewinnbringende Effekte erzielen, gibt es auch in der Physiologie Zusammenhänge und Wirkmechanismen, die als Synergie verstanden werden können.
Als Perfusionist sehe ich jeden Tag das Zusammenspiel bzw. die Interaktion innerhalb der Organe des menschlichen Körpers oder auch das Ursachen-Wirkungsprinzip. Ein Beispiel aus unserer täglichen Praxis: Ich gebe Noradrenalin, wodurch aufgrund der vorwiegenden alpha-Rezeptoren-Wirkung die Gefäßwiderstände und der Blutdruck steigen. Ein gewollter Effekt, mit der Nebenwirkung der verminderten Mikrozirkulation, worauf der Körper mit Laktatbildung reagiert.
Der Vorstand der DGfK hat in den letzten Jahren dieses Ursachen-Wirkungsprinzip, in der eigenen Organisation beobachten und nutzen können. Wir haben eine moderne Geschäftsstelle aufgebaut und Strukturen optimiert, um den neuen Herausforderungen gerecht werden zu können. Hierdurch konnten wir auch unsere Jahrestagung und „Die Perfusiologie“ in die gemeinnützige Organisation eingliedern. Auch der neu aufgelegte interdisziplinäre ECLS-Kurs wurde in diese neu geschaffenen Strukturen eingebettet. Dies bietet für unsere Perfusionist:innen erhebliche Vorteile. Die erhöhte Strahlkraft in der Außenwirkung und der professionelle Auftritt mit und zu unseren Partnern rundet dies ab. Zusätzlich ist Digitalisierung und Entbürokratisierung bei uns nicht nur ein Modewort, sondern gelebte Praxis: Mitgliedervollversammlungen, Kongresse, gemeinsames Arbeiten auf einer Plattform uvm. ist zur DNA unserer Gesellschaft geworden. Zugegebenermaßen läuft nicht alles immer rund, aber wir bewegen uns gemeinsam in die richtige Richtung.
Im Zusammenspiel von Kompetenz, Wissen, technisch-medizinischem Verständnis, Erfahrung, Struktur und Innovationen sind wir Perfusionist:innen das Bindeglied im multiprofessionellen Team der modernen Medizin. Wir erzeugen mit unseren spezifischen perfusiologischen Kompetenzen Synergien zum Wohle der uns anvertrauten Patient:innen. Als ein Beispiel inner- und außerhalb der Herzmedizin möchte ich hier die Idee der „Organ Care Center“ erwähnen. Diese haben den Fokus auf der optimierten „Lagerung“ bzw. dem Transport der zu transplantierenden Organe. Diese können aus meiner Sicht in der Transplantationsmedizin nur gemeinsam mit uns Perfusionist:innen erfolgversprechend und auf höchstem qualitativen Level realisiert werden.
Synergien zeigten sich auch beeindruckend zwischen unseren drei akkreditierten Hochschulen bei der Durchführung des letzten Upgrade-Kurses, der auf Referentenebene paritätisch durchgeführt wurde. Nur durch diese gemeinsamen Bestrebungen gelingt es uns jährlich bis zu 60 neue Perfusionist:innen mit ECCP in die Kliniken zu bekommen.
Im Bereich der Lehre zeigt Prof. Dr. Matthias Kohl seit Ausgabe 01/2022 unseres Journals eine Form von Synergie durch aufeinander aufbauende Statistik-Tutorials. An Beispielen aus unserer täglichen Praxis werden wichtigste Kompetenz-Bausteine für das Erstellen und Bewerten wissenschaftlicher Artikel vermittelt. Im nunmehr zwölften Statistik-Tutorial wird die Fallzahlplanung für Studien in der aktuellen Ausgabe ins Visier genommen. Des Weiteren beschäftigt sich in dieser Ausgabe die Arbeitsgruppe um Jan Turra aus Heidelberg in einer prospektiven systematisch aufgebauten in vitro-Studie mit dem präoperativen Oxygenatortest. Michaela Walter aus Braunschweig beschäftigte sich in einer prospektiv randomisierten monozentrischen Studie mit der systemischen Wirkung von Saugerblut.
Mit diesem Ausblick freue ich mich schon, die neue Ausgabe unserer Fachzeitschrift „Die Perfusiologie“ in den Händen zu halten oder auch auf meinem Smartphone lesen zu können. So kann die Standby-Zeit bei einer Reoperation als „Synergieeffekt“ zur eigenen Weiterbildung genutzt werden.
Kollegiale Grüße
euer Frank Münch
Präsident der DGfK
1. LASSON, A. 1907. Aristoteles Metaphysik, E. Diederichs.