Leserbrief zum SPIEGEL-Artikel „Warum in Deutschland so viele Menschen nach einer ECMO-Behandlung sterben“ vom 15.03.2022

In der im European Journal of Anaesthesiology publizierten Studie aus Frankfurt werden einige Themenschwerpunkte herausgegriffen, die nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Kardiotechnik (DGfK) nicht ausreichend beleuchtet wurden.

Die Studie beschreibt den Verlauf und Einflussfaktoren auf die Sterblichkeit von COVID Patient:innen an Extrakorporaler Membran Oxygenierung (ECMO) in deutschen Krankenhäusern bis zum 30.09.2021. Die Hauptfaktoren für die hohe Sterblichkeit werden in der Studie herausgearbeitet und diese sind vor allem das Alter und die Nebenerkrankungen, welche bekannte Prädiktoren für eine erhöhte Sterblichkeit an der ECMOTherapie sind.

Eine weitere Erklärung für die vergleichsweise schlechten Ergebnisse deutscher Kliniken, sowohl was die Sterblichkeit als auch was die im Vergleich doppelt so hohe Rate an Komplikationen wie bspw. Hirnblutungen angeht, wird in der Studie aufgegriffen. Es ist eine Tatsache, dass 50 % der ECMO Behandlungen in Kliniken in vier oder weniger Fällen pro Jahr stattfinden. Damit ist die Expertise dieser Kliniken weit entfernt von den in einem Positionspapier der ELSO (Extracorporeal Life Support Organization) geforderten 20 Fällen/Jahr bzw. empfohlenen 30 Fällen/Jahr für ausreichende Routine, um damit einen Behandlungsvorteil realisieren zu können.

Problem dabei: Es fehlt ärztlichem und nichtärztlichem Intensivpersonal oft an der erforderlichen Routine und Ausbildung in diesem hochspeziellen Bereich. Und es fehlt meistens auch eine oftmals unbekannte Berufsgruppe, nämlich die der Perfusionist:innen. Diese Gesundheitsfachleute sind für exakt den Bereich der klinischen Perfusion und damit auch der ECMO qualifiziert und können somit die Therapiebegleitung sowie die Ausbildung der Intensivfachkräfte im Bereich des Perfusionsmanagements übernehmen. Perfusionist:innen gibt es nur an knapp 80 Krankenhäusern mit zumeist herzchirurgischer Abteilung. Sie sind in der Krankenhausstruktur in der Regel nicht sichtbar, da sie weder als staatlich anerkannter Beruf (Ausnahme Bundesland Berlin) noch als eigenständige Abteilung anerkannt sind. Und obwohl sie den ärztlichen Kolleg:innen oft die “Kohlen aus dem Feuer holen” werden sie von den Ärzt:innen oft übergangen. Man kann sich Physiotherapie ohne Physiotherapeut:innen oder Geburten ohne Hebammen nicht vorstellen, aber Perfusion ohne Perfusionist:innen ist in Deutschland leider oft die Regel statt die Ausnahme.

Dieser Personalaspekt wird nach Ansicht der DGfK in den vorgestellten Studien nur unzureichend beleuchtet. Zwar suggerieren die eingesetzten Geräte eine einfache Bedienbarkeit, die extrakorporale Therapie jedoch bedarf einer gründlichen Ausbildung und jahrelanger Erfahrung der Anwender:innen, die aber offenbar so meistens nicht gegeben ist. Wenn die Art der Perfusionsführung falsch getroffen wird, die Geräte über Tage nicht richtig eingestellt oder Komplikationen zu spät oder gar nicht erst erkannt werden, führt dies unweigerlich zu dem beobachteten geringem Therapieerfolg.

Um die Situation auf den ECMO Stationen zu verbessern, setzt sich die DGfK für eine Anerkennung des Berufs der Perfusionist:innen, aber auch für die Ausbildung von Intensivfachkräften und Ärzt:innen in klinischer Perfusion ein. In anderen Ländern gibt es längst die “ECMO Specialists” oder vergleichbare Spezialausbildungen für Pflegekräfte, die diese spezielle Expertise neben den Perfusionist:innen auf die Stationen bringen können.

In Deutschland ist bisher nicht einmal der Beruf der Perfusionist:innen (ohne den es viele Herzoperationen nicht gäbe) ein bundesweit staatlich anerkannter Beruf. Im internationalen Vergleich steht Deutschland damit leider schlecht da. Die DGfK unterstützt ausdrücklich die Bildung von Schwerpunktzentren, dies aber bitte mit der Expertise und Erfahrung der Perfusionist:innen aus über 60 Jahren klinischer Perfusion.

Andreas Teske ECCP, MHBA für die AG ECLS/ECMO der DGfK e.V


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